Seid vorsichtig gegen die Machthaber
Die jüdischen Gemeinden in der SBZ und der DDR 1945 bis 1990
Autor: Ulrike OffenbergISBN(s): 3351024681
Artikelnummer: 999800006911
Sprache: DE
Verlag: Aufbau-Verlag
334 Seiten
Die DDR stellte sich stets als "wahre Heimstatt" für Juden dar, doch
die Wirklichkeit sah ganz anders aus: Bereits wenige Jahre nach der
Befreiung vom Nationalsozialismus führten Anfeindungen und Repressalien
zu einer Massenflucht jüdischer Bürger. Ihre Gemeinden verloren 1953
ein Viertel ihrer Mitglieder. Die Arbeiter- und Bauernmacht konnte sie
fortan noch leichter instrumentalisieren, zumal den Vorständen oft
Staatsloyalität und Parteiinteressen wichtiger waren als eigene
kulturelle oder religiöse Belange. Das Postulat von der moralischen
Überlegenheit gegenüber dem Adenauerstaat wurde auch durch die
Ablehnung einer Wiedergutmachungspflicht für Verfolgungsschäden der
Nazizeit konterkariert: Fürsorge und die Zahlung von "Ehrenrenten"
waren von politischem Wohlverhalten abhängig, "arisiertes" Eigentum
wurde entschädigungslos in Volkseigentum umgewandelt.
Offiziell
wurden in der SBZ und der DDR nur die Angehörigen jüdischer Gemeinden
als Juden betrachtet, andere kulturelle, ethnische oder nationale
Identifikationen tolerierte man kaum. Sie waren belastet durch die
religionsfeindliche Grundhaltung von Partei und Staat, Antizionismus,
antisemitische und antiisraelische Klischees und eine unkritische
Solidarität mit den arabischen Staaten. Die Öffentlichkeit nahm ihre
Existenz meist nur wahr, wenn Grußworte und Erklärungen zu Feiertagen
ausgetauscht wurden. Erst Mitte der 80er Jahre zeichnete sich eine
Wende ab.
Ulrike Offenberg schildert den schwierigen Wiederaufbau
jüdischer Gemeinden als der einzigen organisierten Form jüdischen
Lebens in der DDR. Ihre Analyse der konfliktreichen Beziehungen
zwischen diesen Zentren und DDR-Organen erhellt bisher kaum untersuchte
Aspekte der politischen Kultur und der Historiographie dieses Staates.